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Lauf zur deutschen Rallyemeisterschaft "Wartburgrallye 2016“

Das vergangen Wochenende war so die beste Rallyeveranstaltung an der ich je gestartet bin. Ja, schon im Vorfeld war klar "höchste deutsche Rallyeliga(Bundesliga...) wird kein Kinderspiel - aber die Herausforderung da zu bestehen war ja unser Ziel. Schon die Vorbereitung für einen solchen Event sind enorm Mechanikercrew, Material, Unterkunft und natürlich auch der Kostenfaktor musste gemeistert werden. Es war wie immer knapp, am Montag holte ich den BMW vom Rennwagenbauer Steffen bei der Fa. Instruktorenbörse bei Erfurt ab. Diese hatten das Motorenproblem beseitigt und das alte Seriengetriebe neu aufgebaut. Bis einschließlich Donnerstag galt es einen straffen Zeitplan mit Bekleben, Packen usw. neben dem Arbeitstag zu erledigen. Am Donnerstagabend startete ich mit Auto und Material im Transporter zur Rallye. Freitagmorgen Serviceplatz aufbauen, Papierabnahme um 10 Uhr erledigen und dann ab zum Aufschrieb - es lag eine Distanz von gut 600 km vor uns um alle Strecken zu besichtigen.

Freitagabend ging es dann zum Showstart um halb elf waren wir an der Reihe über eine Startrampe auf dem Marktplatz vor dem Publikum in die Rallye zu starten. Man muss an dieser Stelle einmal sagen, so toll wie dieses Ereignis war vor vielen Zuschauern im Flutlicht über diese Rampe fahren zu dürfen, so dilettantisch war diese Rampe konstruiert. Nicht nur wir, sondern bestimmt 20 andere Fahrzeuge beschädigten sich Unterboden, Auspuffanlagen an der Kante oder kamen gar nicht erst ohne Hilfe hoch. Wir blieben mit einer Schraube der Gurtbefestigung hängen, die Halterung riss aus! Dies war nach dem Start der erste Einsatz im Service - Auto reparieren was mit guter Improvisation gelang.

Am Samstagmorgen besichtigten Michael und ich noch 3 Wertungsprüfungen um dann pünktlich um kurz vor 12 Uhr in die Rallye zu starten. Am Samstag galt es 11 Wertungsprüfungen(entspricht 2 normalen Rallyes von der Distanz) zu absolvieren. Wir ließen es etwas verhalten angehen, es begann mit dem Rundkurs Cosmodrom, in dem mehrere Fahrzeuge gleichzeitig auf der Piste waren. Wir mussten hier einen Porsche 911 GT3 und einen Renault Megan Turbo passieren lassen, die einfach schnellere Autos als wir hatten. Die zweite Prüfung über eine sehr unebene Strecke und durch Wald machte schon richtig Laune. Dann stand der erste Service an - die Crew Markus und Christian war das ganze Wochenende die beste Truppe die man sich wünschen kann - Danke für Euren super Einsatz! Auch die WP 3 über schnelle Landstraßen meisterten wir ohne Fehler und das Zusammenspiel mit Michael als Co-Piloten klappte hervorragend. Es ging dann zur Bergrennstrecke Glasbach, auf der die Woche zuvor ein Lauf zur Europameisterschaft stattgefunden hatte - um es vorwegzunehmen, nicht meine Lieblingsstrecke - die Straße war mir zu breit, ja richtig gelesen. Die nächste WP durch den Wald "Gollert" mit vielen rutschigen Kurven fand ich wesentlich besser - ich bin eben Rallyefahrer und kein Bergrennfahrer... nächster Service und nach 20 Minuten ging es wieder raus. Dieser Teil der Rallye wurde nun zum zweiten Mal gefahren, klappte wieder ohne Probleme auch wenn es teilweise kurz regnete und manche Stellen feucht waren. Im Service um 17 Uhr ließen wir den Lampenbaum montieren, was sich als goldrichtig erwies - im Wald war es um 18 Uhr schon etwas dunkel. Der zweite Durchgang der "Gollert" im Wald war schon stockdunkel - der Lampenbaum funktionierte, war jedoch wie sich herausstellte zu hoch eingestellt - die Bäume beleuchteten wir gut... 

Jetzt muss ich mal einen Satz zum Umfeld der Rallye los werden - es war einfach der Wahnsinn vor solchen Zuschauermassen zu fahren. In jeder Ortschaft, selbst um 22.45 Uhr noch, standen Leute am Straßenrand und beklatschten und feuerten die Rallyeautos an - ein unglaublich geiles Gefühl das erleben zu dürfen. Auch wir als unbekanntes kleines Team durften eine Unmenge an Autogramme verteilen und vor allem die Kids freuten sich richtig - so macht Rallyesport wirklich Spaß.

Die Nachtprüfung "Cosmodrom by night" war das verrückteste, was ich in meinem ganzen Leben gemacht habe. Es wurden immer 7 Autos im Abstand von 10 Sekunden in den Rundkurs geschickt. Vor mir ein Mitsubishi Evo, daneben ein Ford Fiesta R2, daneben ein Topfahrer M3, hinter mir ein Porsche 911 GT3, noch ein Evo usw. und wir mitten drinnen. Kurzzeitig dachte ich mir "Scheiße auf was hab ich mich da eingelassen" doch als wir gestartet waren, war alles gut. Mir war klar, dass ich den einen oder anderen passieren lassen müsste, jedoch außer den schnellen M3 und den Porsche war ich wohl schnell genug, dass mich keiner mehr vor dem Ziel einholen konnte - ein geiles Gefühl hier dann zum Service um 0:30 Uhr zu rollen. Wir beendeten Tag 1 auf einem guten 4. Platz in der Klasse und Gesamt 41 bei 90 Startern - mehr als wir erwartet hatten.

Am nächsten Morgen ging es früh wieder los - bereits um 8:41 Uhr waren wir wieder aus dem Service auf der Strecke. Die WP 12-15 standen an und da es sehr kühl war und im Wald teilweise noch feucht, entschieden wir auf weichen Reifen zu starten. Dies erwies sich als richtig gute Idee - wir waren auf allen 4 WP's das zweitschnellste Auto in unserer Klasse! Auf der WP 15 Powerstage markierten wir sogar die 34.(!) Zeit im Gesamt - zuvor lagen wir meist 10 Plätze weiter hinten - wir wurden mit jeder WP schneller und es passte immer besser.

Doch leider passierte am Serviceplatz etwas völlig unerwartetes - beim rückwärts Einparken knackte es plötzlich als ich voll eingeschlagen hatte und am Stoßdämpfer brach oben die Kolbenstange ab! Wir versuchten alles um irgendwie doch noch zu Ende fahren zu können - doch keiner hatte für vorne Stoßdämpfer dabei. Auch das Skoda-Team des Gesamtsiegers Armin Kremer - Baumschlager Racing welches normalerweise in der Rallye-WM fährt - versuchte uns zu helfen und den Stoßdämpfer zu schweißen. Kurzzeitig hatten wir Hoffnung, die Mechaniker Markus und Christian gaben alles um uns rechtzeitig aus dem 20 Minuten Service zu schicken - ein unglaubliche Leistung von den beiden - doch leider brach das geschweißte in der Kurve zur Zeitkontrolle und damit endete für uns die Rallye.

Anfangs war die Enttäuschung groß, so knapp vor dem Ziel aufgeben zu müssen, doch im Nachhinein war es das beste Rallyewochenende das ich bisher erlebt habe. Die Stimmung, der Zusammenhalt, die Atmosphäre und das Gefühl mithalten zu können - das alles ist doch sehr positiv. So gesehen hat das Material 2,5 normale Rallyeveranstaltungen gehalten - die Teile sind schon bei Bilstein und wir verstärken das alles - beim nächsten Mal sollte das halten. Man lernt halt immer dazu, wir werden das Auto verbessern und im September wieder am Start stehen.

An dieser Stelle nochmals ein ganz dickes Lob an alle, die mitgeholfen haben, dass wir dieses Wochenende in der Topliga erleben durften - ihr seid das beste Team, dass man sich wünschen kann, Danke!

Euer Jürgen